Harms Haio

4810 Gmunden
Schiffmannstraße 16/2






geboren 1950, studierte an der Universität Wien Chemie und Jus. Von 1985 bis 1991 lebte er mit seiner Frau Andrea in Indonesien und leitete dort ein Unternehmen für die Produktion von Viskosefasern. Aus dieser Zeit stammt ein Gutteil der umfangreichen Sammlung des Ehepaares. Nach der Rückkehr war Harms Forschungsdirektor der Lenzing AG. Von 2008 bis zu seinem Ruhestand leitete er die Kelheim Fibres GmbH in Deutschland

„Wenn Tücher erzählen …“

Insbesondere in Sumatra sind Songkets „sprechende“ Vermittler von Mythologie, Geschichte und Lebensordnung. Die kostbaren Gewebe aus Seide oder Baumwolle, mit Mustern aus Silber- und Goldfäden, werden in „Ziereintragstechnik“, einem überaus aufwändigen Handwebeverfahren hergestellt. Dies unterscheidet sie von Batik, Pelangi, Tritik und Ikat, die ihre Farbigkeit durch „Reservemusterung“ erhalten. Goldglänzenden Luxus-Textilien im höfisch beeinflussten Bereich kontrastieren mit den vom Material her weniger reichen Tücher der landeinwärts, mehr in demokratischen Dorfstrukturen lebenden und von ihren Traditionen bestimmten Altvölker.
Vor allem bei den Minangkabau in Westsumatra erzählen die verschiedenen Motive der Songkets eine Vielzahl von Geschichten – über uralte Regeln des Zusammenlebens, über Macht und Reichtum ihrer Besitzer. Bei anderen Stämmen sind die Tücher selbst Gegenstand von magischen Ritualen und zeremoniellen Handlungen. Nicht zuletzt aber dienen sie als farbenprächtige Kleidung der Bewohner einer faszinierenden Region, in der Siedler, Händler und Eroberer aus allen Teilen der Welt eine kaum zu überbietende Vielfalt an Ethnien, Sprachen und Religionen entstehen ließen. Viele Entwicklungen im gesamten indonesischen Archipel hatten hier ihren Ausgang.
Die Passion des Chemikers und Textil-Unternehmers Haio Harms für indonesische Textilien begann schon in der Kindheit. Als er aus beruflichen Gründen mit seiner Frau nach Indonesien ging, begannen sie diese farbenprächtigen und aufwendig gestalteten Tücher zu sammeln. In mehr als drei Jahrzehnten ist so eine umfangreiche Kollektion entstanden, von denen die Songkets aus Sumatra und Bali in seinem neuen Buch „Songket“ vorgestellt und in der gegenständlichen Ausstellung präsentiert werden.

Haio Harms

 

Zu Textiltechniken und Material:

Songkets sind spezielle Gewebe mit einer Musterung aus zusätzlichen Zierschüssen. Unabhängig vom Grundgewebe werden andersfarbige Schussfäden eingewebt.
Die meisten der in der Ausstellung präsentierten Songkets sind sehr reich und edel mit Gold- und Silberfäden gewebt. Manche dieser Gewebe sind schwer und wirken völlig golddurchwirkt, da die Metallfäden quer über die ganze Gewebebreite verlaufen (Lancierung). Bei anderen Beispielen werden die Goldfäden nur im Bereich des Mustermotivs eingewebt. Solche broschierten Gewebe sind leichter und luftiger und enthalten meist weniger Metallfäden. Das war besonders beim Einsatz von Echtgoldfäden von Bedeutung.
Die goldenen und silbernen Webfäden bestehen häufig aus einem feinen Seidenfaden, um den ein ganz feiner Metallfaden spiralig herumgewickelt ist. Das erfolgt mit einem speziellen Gerät. Die Metallfäden können ein sehr dünn ausgezogener Draht sein oder ein plattgehämmerter Draht, ein sogenannter Lahn. Die Wirkung ist unterschiedlich, da sich das Licht im Lahn mehr spiegelt und die Musteroberfläche glatter erscheint.
Es gibt auch Ersatzfäden, die wie Metall wirken, aber aus feinen geschnittenen Streifchen aus Haut oder Papier, die mit feinstem Gold beschichtet wurden, bestehen. Die Farbigkeit der Muster in Geweben mit solchen Gold- oder Silberfäden nutzt sich mit der Zeit ab.
In der aktuellen Ausstellung werden hauptsächlich Songkets mit Metallfäden gezeigt, aber auch einige aus reinen Textilfäden. Die kontrastreichen eingewebten Muster scheinen auf der Oberfläche eines dünnen Gewebes in Leinwandbindung zu liegen. Obwohl die Muster Blüten, Vögel und andere Tiere zeigen, wirken sie geometrisch abstrahiert, was mit der speziellen Webtechnik zusammenhängt. Die Musterschuss-Fäden liegen eng parallel übereinander und die Konturen der Motive erscheinen gestuft.
Ergänzend zu den Geweben werden in der Ausstellung Goldstickereien gezeigt. Drei schöne Zeremonialsarongs bestehen aus einem festen, gestreiften Grundgewebe, das anschließend reich mit Bordüren und gereihten Motiven bestickt wurde. Bei der Überfangstich-Technik (Anlege-Technik) werden die Metallfäden auf den Stoff aufgelegt und mit winzigen Stichen auf dem Untergrund festgenäht. Die Stiche werden so gesetzt, dass sie auf der goldenen Fläche ein Muster bilden. Wesentlich bei der Technik ist, dass kein Gold auf der Rückseite verschwendet wird. In der gleichen Technik sind auch zwei Zeremonialtücher und ein Altarbehang gestaltet.

Brigitte Leben